IranSIC Newsletter 27. Februar 2010 – Deutsch
Erscheinungstage der deutschen Newsletters: Dienstag, Donnerstag, Sonntag
Student Information Center (SIC)
Newsletter Nr. 177 – Samstag, 27. Februar 2010/8. Esfand 1388
Anmerkungen in eckigen Klammern stammen von der Übersetzerin
Pläne für die Zukunft
– Vertsärkung des gewaltlosen zivilen Ungehorsams in der Gesellschaft
– „Allah-o Akbar“ in den Nächten
– Parolen auf Wände und Geldscheine schreiben
– Besuche an den Grabstätten der Märtyrer der Grünen Bewegung auf dem Friedhof Behesht-e Zahra am letzten Donnerstag des Jahres
– Jeden Donnerstag: Präsenz auf den Straßen
Nachrichten
– Advar News: In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Kalameh hat Mir Hossein Moussavi die Ereignisse vom 22. Bahman kommentiert. Der volle Wortlaut des Interviews ist auf Persisch dem Original-Newsletter angehängt. [Die wichtigsten Punkte des Interviews können auf Deutsch hier nachgelesen werden.]
– Kalameh: Am Donnerstag fand die jährliche Gedenkfeier für die Märtyrer der Familie Bakeri statt. Mir Hossein Moussavi und seine Frau Zahra Rahnavard waren eingeladen und nahmen teil, begleitet von hohem Interesse der anwesenden Menschen und politischen Aktivisten [? „and they appeared amidst much interest from people an activist politicians“]
– Radio Farda: In der Schweiz fand der 4. Internationale Kongress gegen die Todesstrafe statt. Iran hat nach China die meisten Hinrichtungen weltweit zu verzeichnen.
– Deutsche Welle: In einem Interview mit der [italienischen] Zeitung Corriere della Sear hat sich Mehdi Karroubi zur Grünen Bewegung in Iran geäußert. Er wiederholte seine Überzeugung, dass die Wahl vom Juni gefälscht wurde und stellte die Legitimität der Regierung in Frage. Außerdem erklärte er, sein Ziel sei nicht, mit dem Regime „aufzuräumen“ [„debunk“], sonder bevorzuge er vielmehr großangelegte Reformen. Er glaube immer noch an die Ideale der Islamischen Republik, aber nicht in der Form, wie man sie in Iran [zur Zeit] sehe. Er wünsche sich eine gewählte Republik, keine konstruierte, die nicht auf Aberglaube, sondern auf dem wahren Islam aufbaut.
[s. dazu auch Artikel von Zamaaneh in deutscher Übersetzung]
– Kalameh: Die parlamentarische Leitung [?“the parliamentary head“] in Iran hat in einem Brief an die Exekutive alle Handlungen der Regierung aufgezählt, die von ihr als gesetzeswidrig eingestuft werden. Die Legislative forderte Erklärungen und entsprechende Veränderungen.
– Voice of America: Der Repräsentant des Obesten Führers bei den Revolutionsgarden hat erklärt, dass die Garden nicht Teil einer Armee sind und daher das Recht und die Macht haben, nötigenfalls politisch aktiv zu werden.
– JARAS: Mehrere Menschenrechtsaktivisten in den arabischen Ländern haben in einem veröffentlichten Brief das harte Vorgehen gegen die Menschen [in Iran] verurteilt und die Regierung aufgefordert, dies zu beenden.
– JARAS: In ganz Iran ging es in den Freitagspredigten hauptsächlich um die Festnahme Rigis und die Sitzung des Expertenrats.
Nachrichten von Verhafteten
– Kalameh: Der für den Fall Abdollah Momenis verantwortliche Richter, der die Kaution für dessen Freilassung auf 800 Millionen Toman festgesetzt hatte, hat die von Momenis Ehefrau vorbereitete Kaution in Höhe von 400 Millionen Toman abgelehnt mit der Begründung, dass die Summe nicht reiche.
– Kalameh: Mohsen Mirdamadis Verteidiger hat über dessen zweite Gerichtsverhandlung im Revolutionsgericht, Abteilung 15 informiert. Mirdamadi wird vorgeworfen, gegen das Regime gearbeitet zu haben, u. a. mit entsprechenden Veröffentlichungen.
– Parleman News: Die Ehefrau von Mostafa Tajzadeh hat mitgeteilt, dass Tajzadehs Monatsgehalt bei seiner Verhaftung vor etwa 9 Monaten gekürzt wurde.
– Rahana: Pakhshan Azizi ist im Gefängnis in den Hungerstreik getreten. Sein Zustand wird als kritisch beschrieben.
– Rahana: Die studentischen Aktivisten der Freien Universität Najafabad, einer der größten Freien Universitäten landesweit, sind [von der Verhaftungswelle] am härtesten getroffen worden, sowohl hinsichtlich der Anzahl der betroffenen Personen, als auch hinsichtlich der Härte der Strafen.
– Kalemeh: Für die vorbehaltliche Freilassung des verhafteten Journalisten Keyvan Mehregan ist eine Hinterlegung in Höhe von 100.000$ Dollar festgesetzt worden. Da seine Familie diese Summe nicht aufbringen kann, versucht sein Anwalt Saleh Nikbakht, eine Umwandlung in eine vorbehaltliche Freilassung gegen Kaution zu erwirken.
– Advar News: Somayyeh Rashidi, eine Aktivistin der Kampagne „Zwei Millionen Unterschriften“ (die sich für die Gleichberechtigung von Frauen einsetzt) wurde am Donnerstag aus Evin entlassen.
– Radio Farda: Wie die Organisation International Human Rights Campaign mitteilt, wurden die Urteile gegen acht studentische Aktivisten von der Technischen Universität Nushirvani in Babol endgültig beschlossen.
– Nowrooz: Trotz des gemeinsamen Appells von mehr als 3000 Studenten der Ferdowsi-Universität Mashhad wurde der Verweis von drei studentischen Aktivisten von der Universität beschlossen.
Empfehlungen und Warnungen
Mohsen Sazegaras Video vom Donnerstag, 25. Februar 2010
1. Nach der Verhaftung des berüchtigten Terroristen Abdulmalek Rigi hat das Regime eine gewaltige Propaganda-Kampagne gestartet. Wir sollten nicht vergessen, dass die weit verbreitete Armut in Balouchestan ebenso wie die Unterdrückungspolitik des Regimes gegen die Bevölkerung dieser Region ein fruchtbarer Boden sind, der Terroristen wie Rigi hervor bringt.
Zudem zeigt die Verhaftung Rigis aber auch, dass der bewaffnete und gewalttätige Kampf gegen Polizeistaaten wie Iran nichts bringen. Gewaltloser Kampf hingegen wird die geheimdienstlichen Maßnahmen solcher Polizeistaaten scheitern lassen.
2. Bei Ahmadinejads letzter Reise nach Birjand (der Hauptstadt und größten Stadt der Provinz Süd-Khorasan im Südosten Irans) kamen nur etwa 300 – 700 Menschen, um seine Rede im Stadion der Stadt zu hören.
[Video eingefügt von der Übersetzerin]
3. Auch mehrere Tage nach Beginn setzen die Angestellten der Telekommunikationsindustrie ihre Proteste gegen die Nichtauszahlung ihrere Gehälter fort.
4. Wie schon in den Nächten zuvor haben sich auch gestern wieder die Angehörigen der Verhafteten vor dem Evin-Gefängnis versammelt.
5. Besprechung bevorstehender Aktionen:
Die Hauptziele unserer Aktionen sind
1. Das Regime delegitimisieren
2. Die Einheit und den Zusammenhalt der Grünen Bewegung stärken
3. Das Regime zermürben, neue Risse innerhalb des Regimes verursachen und bereits bestehende Risse vertiefen
Straßenproteste sind unbestreitbar am effektivsten für die Zermürbung des Regimes, aber nicht das einzige Mittel. Zudem müssen wir daran arbeiten, dass der Preis, den die Menschen zahlen müssen, wenn sie auf die Straße gehen, niedrig gehalten wird. Sehr effektiv für das Ziel der Zermürbung ist die Enthüllung der Identitäten und Aktionen von Revolutionsgarden und Basijis. Damit können wir Druck auf diese ausüben. Das vierte wichtige Ziel unserer politischen Aktionen sollte eine Lähmung der Regierung sein. Dieser Punkt wird morgen besprochen.
Mohsen Sazegaras Video vom Freitag, 26. Februar 2010
1. Es gibt viele Möglichkeiten, die Putschregierung mit Aktionen zu lähmen. Dazu gehören der Boykott bestimmter Waren, Verweigerung der Kooperation mit Regierungsbehörden, sowie Streiks. Ein gutes Vorbild dafür könnten die koordinierten zehnminütigen Streiks der 1980er Jahre in Polen sein.
2. Ayatollah Khameneis Rede vor den Mitgliedern der Expertenversammlung (die die Arbeit des Obersten Führers überwachen soll) hat klar gezeigt, dass er sich noch immer weigert, die Realität zu akzeptieren. Er will sich nicht mit der Tatsache abfinden, dass die Grüne Bewegung tief verwurzelt ist in der 31jährigen Inkompetenz des Status Quo, in tiefgreifenden Veränderungen innerhalb der iranischen Gesellschaft, in existierenden Lücken innerhalb der Geschlechter, Generationen, Ethnien und Klassen, vor allem aber in den im Volk vorherrschenden demokratischen Vorbildern.
3. Bevorstehende Veränderungen (im Verhalten der internationalen Gemeinschaft gegenüber dem iranischen Regime) sind im Gespräch. Die erste Veränderung wird in Sanktionen gegen den IRGC für seine Rolle bei der Niederschlagung der Proteste vom 11. Februar sein. Die zweite Veränderung wird sein, das iranische Regime für dessen Zensierung von Satellitenkanälen, Internet und anderen Kommunikationsmedien zu befragen.
4. Der russische Außenminister hat erklärt, dass Iran kein S300 Raketenabwehrsystem erhalten wird.
Mohsen Sazegaras Video vom Samstag, dem 27. Februar 2010
1. Die Versammlungen der Familienangehörigen von Inhaftierten vor dem Evin-Gefängnis hat auch gestern Nacht wieder stattgefunden, einige weitere Gefangene wurden freigelassen. Allerdings werden ständig neue Inhaftierungsanordnungen ausgestellt.
2. Karroubi hat ein sehr gutes Interview gegeben, in dem er die vom Regime gesponsorten Kundgebungen vom 11. Februar als „Show-Kundgebungen“ bezeichnete. (Der Generaldirektor des Gouverneursamtes der Provinz Teheran hatte zuvor zugegeben, dass Regierungsanhänger aus dem ganzen Land zusammengezogen worden waren.)
3. Die Disqualifizierung der Kandidaten für die Rechtsanwaltsvereinigung stellt die politische Freiheit und die zivilen Organisationen unter der Militärdiktatur in Frage.
4. Eine von der iranischen Botschaft in Großbritannien mitfinanzierte Iran-Konferenz sollte in Cambridge stattfinden. Sie musste wegen der kühlen Reaktion der Wissenschaftler jedoch abgesagt werden. Eine Verweigerung der Zusammenarbeit mit der Regierung auf allen Ebenen ist einer der besten Wege des zivilen Ungehorsams.
5. Zwei geplante Reden Larijanis in Japan wurden abgesagt, es scheint, dass der Hauptauslöser für die Absage der Protest von in Japan lebenden Iranern war.
6. In letzter Zeit hat die Anzahl der Graffiti landesweit zugenommen. Diese Aktionen haben mittlerweile auch kleinere Städte wie Gonbad Kavous im Nordosten Irans erreicht. Das Schreiben von Parolen auf Geldscheine und Wände in Kleinstädten ist sehr effektiv, da es sehr schwierig ist, die „Täter“ zu identifizieren.
7. Zum Feiertag Chaharshanbeh Souri (16. März) gibt es viele wichtige Punkte. Zuallererst sollten wir alle daran denken, dass wir das Prinzip des gewaltlosen Kampfes verfolgen. Zweitens ist Chaharshanbeh Souri ein traditionelles Fest, dass überall und weit verstreut stattfindet, was es der Regierung sehr erschwert, darauf zu reagieren. Darum sollten wir keinen speziellen Versammlungspunkt angeben. Alles in Allem ist Chaharshanbeh Souri ein Tag, an dem wir alle mit minimalem Risiko sehr aktiv sein können.
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Tel: +1 (253) 234-IRAN , +1 (253) 234-4726
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Twitter: IranSIC
http://www.iransic.com/
Deutsche Übersetzung: Julia
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Zusätze:
1. Ergänzende Artikel in deutscher Übersetzung englischsprachiger Blogs, Artikel und Nachrichten zum Thema jenseits der internationalen Massenmedien: Julias Blog – Ich suche noch Übersetzer Persisch-Deutsch und Englisch-Deutsch!
2. Projekt „German Media for Iranians in Iran“
Unterstützung für Iraner in Iran, Druck auf das Regime
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3. Aktionen, Informationen und Termine von United4Iran Deutschland: http:
4. Sammlung aller aktuellen UN-Petitionen zum Iran (mit freundlicher Genehmigung von @nedaagain): http://petitionsforiran.wordpress.com/